Seit Dezember 2021 gibt es im Telekommunikationsgesetz feste Regeln für die Geschwindigkeit von Internetanschlüssen. Kunden haben dadurch das Recht, ihren Vertrag fristlos zu kündigen oder den Preis zu mindern. Doch das dafür notwendige Tool der Bundesnetzagentur scheint dafür nach ersten Tests vollkommen ungeeignet. Entpuppt sich das neue Kundenrecht als zahlloser Tiger?
Recht auf schnelles Internet
Im Dezember 2021 trat eine umfangreiche Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes und damit der Kundenrechte statt. Ein wichtiges Element war die Implementierung des Rechts auf schnelles Internet. Konkret finden sich dort jetzt Angaben, wann ein Internetanschluss zu langsam ist. Kunden sollen dadurch schneller fristlos kündigen oder den monatlichen Paketpreis mindern können. Dazu sind verschiedene Breitbandmessungen mit dem Tool der Bundesnetzagentur notwendig.
Allerdings scheint dieses trotz korrekter Messungen keine Aussagekraft zu haben, damit Kunden tatsächlich eine Preisminderung geltend machen können. Darauf weist ein Fall hin, für den sich die Kollegen von Teltarif stark gemacht haben. Hier bemängelte ein Vodafone-Kunde, dass er dauerhaft nicht die versprochenen 1.000 Mbit/s erhalte. Daraufhin führte er die notwendigen Messungen mit dem Breitbandes-Tool der Bundesnetzagentur durch und erhielt ein Protokoll mit insgesamt 36 Seiten, welches die Verstöße gegen die versprochene Geschwindigkeit eindeutig dokumentiert. Bei Vodafone kam er damit jedoch trotz klarer rechtlicher Regelung nicht weiter. Daraufhin schalteten sich die Kollegen von Teltarif ein.
Preisminderung bestimmt der Anbieter?
Das mehr als 30 Seiten lange Protokoll des Kunden belegt zwar, dass die versprochenen Geschwindigkeit des Anschlusses nicht erreicht wird, ein Durchschnittswert, um wie viel Prozent diese konkret abweicht, findet sich in den Daten jedoch nicht. Dabei ist dieser Wert die Basis für die Preisminderung, die Kunden geltend machen können. Dass dieser wichtige Wert beim für die Umsetzung der Kundenrechte notwendigen Tool der Bundesnetzagentur fehlt, konnten die Kollegen nicht glauben und fragten bei der Aufsichtsbehörde nach. Diese erklärte daraufhin:
[…] Das Ergebnisprotokoll der Messungen enthält die Aussage, ob eine vertragskonforme Leistung vorliegt oder nicht. Das Protokoll dient als Nachweis für ein außerordentliches Kündigungsrecht oder für das Bestehen eines Minderungsrechts. Eine Aussage zur Höhe des Minderungsanspruchs enthält das Messprotokoll nicht. Die Höhe ist vom Verbraucher im Dialog mit dem Anbieter für den konkreten Einzelfall zu klären. […]
Die Bundesnetzagentur ist zuversichtlich, dass sich auf der Grundlage der unterschiedlichen Verhaltensweisen der einzelnen Unternehmen hier im Laufe der nächsten Zeit Mindeststandards herauskristallisieren werden, die bei einer sachgerechten Berechnung der konkreten Minderungshöhe zwingend zu berücksichtigen sind.
Konkret bedeutet das, dass die Bundesnetzagentur hier davon ausgeht, dass sich Kunden und Anbieter im konkreten Fall auf eine für beide Seiten akzeptable Lösung einigen können. Außerdem, dass sich mit der Zeit ein Konsens einstellt, an den sich alle Anbieter halten werden. Teltarif-Redakteur Alexander Kuch fasst dieses Wunschdenken in harten, aber eindeutigen Worten zusammen:
„[…] Von was träumt denn die Bundesnetzagentur, wenn sie davon spricht, dass sich bei den Providern „Mindeststandards herauskristallisieren“ werden und dass es seitens der Internetanbieter eine „sachgerechte Berechnung der konkreten Minderungshöhe“ geben wird? Das war doch genau der Grund, warum 2017 zunächst die Transparenzverordnung eingeführt werden musste, bei der sich dann wieder genau das herausgestellt hat: Ohne konkrete Werte und ohne Zwang haben die Provider überhaupt keine Lust dazu, Entschädigungen an die Kunden zu bezahlen. So musste die Regel durchs neue TKG nochmals verschärft werden, weil sich eben nichts von alleine „herauskristallisiert“ hatte […].“
Alexander Kuch, Redakteur bei Teltarif
Für Kunden bedeuten die fehlenden Infos bei der Breitbandmessung und die derzeitige Auslegung der Bundesnetzagentur vor allem, dass sie sich weiterhin dem Wohlwollen der Anbieter ausliefern müssen, wenn sie bei einer zu langsamen Internetgeschwindigkeit eine Preisminderung geltend machen möchten. Denn wie hoch diese ausfällt – und ob es sie überhaupt gibt – bestimmt aktuell der Anbieter. Die im Telekommunikationsgesetz getroffenen Regelungen, die eigentlich für mehr Klarheit sorgen sollten, entpuppen sich daher eher als heiße Luft. Oder wie es die Kollegen von Teltarif ausdrücken: Als zahnloser Tiger. Ob und wann sich an dieser Situation etwas ändern wird, bleibt abzuwarten. Betroffene Kunden müssen sich vorerst weiterhin auf eine Odyssee einstellen, wenn sie ihre Kundenrechte geltend machen möchten.
FAQ zur Preisminderung bei langsamen Internet
Welche Kundenrecht gibt es bei zu langsamen Internet?
Seit Dezember 2021 haben Kunden ein im Telekommunikationsgesetz verankertes Recht darauf, dass die vom Anbieter versprochenen Surfgeschwindigkeit eingehalten wird. Bei Verstößen kann zum einen eine Preisminderung, zum anderen aber auch eine fristlose Kündigung seitens des Kunden erfolgen.
Wie weisen Kunden das zu langsame Internet nach?
Die Vorgaben im Telekommunikationsgesetz legen Regeln fest, wie der Test erfolgen muss. Dafür sollte das Breitbandmessung Tool der Bundesnetzagentur verwendet werden. Nur wenn diese Vorgaben eingehalten werden, gilt das Protokoll als gültig.
Wer entscheidet über die Preisminderung?
Aktuell entscheiden die Anbieter, wie hoch die Preisminderung bei einem nachweislich zu langsamen Internet ausfällt. Hier könnte es jedoch noch einmal Änderungen geben.